„,von wegen geringer Dinge …‘ Bleffert & Biswurm & Hölderlin. Klang – Percussion – Rezitation“

Bernd Bleffert im „Garten der Erinnerung“

Video: Julia Weigl-Wagner

Video Bernd Bleffert "von wegen geringer Dinge ..."

Video: Michael Geppert

"Von wegen geringer Dinge..." (26. März - 16. Mai 2021)

Vita und Werke

Der Klangkünstler Bernd Bleffert, 1955 in Altenahr geboren, lebt und arbeitet in Trier. Seit 1990 entwickelt er Schlagwerke – zunächst aus Stein, Holz und Metall – und damit verbundene neue Spieltechniken, Kompositionen und Improvisationskonzepte. Er konzertiert als Solist und in verschiedenen Ensembles. 1998 war er Mitbegründer des Ensembles für experimentelle Musik Tonwerke Trier und leitet seit 2011 gemeinsam mit Thomas Rath das Festival für Aktuelle Klangkunst „Opening“ in Trier. Ab 2000 entstanden aus seiner musikalischen Arbeit Klanginstallationen in Naturräumen und im Kontext von Ausstellungen. Seine Materialforschung und Suche nach neuen Klangfarben, in den 90ern vornehmlich auf neue Instrumente bezogen, brachten ihn zunehmend zur Entwicklung von Klangobjekten und -installationen, die auch vom Publikum bespielt oder bewegt werden können. Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland, Luxembourg, Schweiz, Uruguay und Korea.

Wie Klänge entstehen

Die Entstehung von Klängen durch direkte, mechanische Vorgänge, wie etwa das Tropfen von Wasser oder Rieseln von Sand, inspirierten Bleffert dazu, Konstruktionen zu schaffen, die mittels „profaner“ Materialien komplexe, nuancenreiche Klanggebilde erzeugen. Wesentliches Moment bei den meisten dieser Klangarbeiten ist der Vorgang der Bewegung. In diesem Sinne sind die Objekte und oft raumgreifenden Installationen interaktiv zu verstehen: Eine Aktion, eine physische Kontaktaufnahme oder eine absichtsvolle Berührung generiert als unmittelbare Reaktion Klang. Dieser ist in seiner Gestalt nie gleich, weil unkontrollierbare Zufallsfaktoren immer für eine natürliche, im besten Sinne chaotische Struktur sorgen. Dies geschieht bei einigen Arbeiten mittels Doppelpendeln, etwa im Garten der Erinnerung, oder durch simultane Fließ- und Tropfvorgänge wie bei den Sand- bzw. Tropf-Installationen Sandströme oder Tropf-Ensemble. Besonders interessant ist dabei vor allem die Komplexität überlagerter rhythmischer Strukturen und die dadurch entstehenden Verschiebungen. Die Aktivierung von Klang durch zufällig entstehende Luftströmungen in der Natur z. B. beim Widerhall in Arbeiten mit Rohren, gespannten Saiten oder hängenden Papierbahnen wie beim Papierfahnen-Block.

Die Kunst vom Klang

Die Klangkunstarbeiten leben von der Spannung zwischen Klang und Stille. Hier liegt der Ansatz für Bernd Blefferts Arbeiten. „Wenn Stille gestört werden kann, stellt sich auch die Frage nach der Verantwortung dieser gegenüber“, kommentiert der Künstler. Klangbildung erscheint als ein kaum zu begreifendes Geheimnis, doch ihre wesentliche Quelle ist Bewegung, auch Berührung. Die Stille, die Zurückgenommenheit von Blefferts Arbeiten und die ihnen eigene Materialsprache, ist eine Antwort auf Lärm und Verlorenheit in unserer Gegenwart. Blefferts plastische Arbeiten haben ihre Wurzeln im Musikalisch-Klanglichen. Improvisation sowie die Komposition musikalischer Prozesse finden ihren Niederschlag in Arbeiten, bei denen Klangobjekte oder Installationen zentrale Ausgangspunkte darstellen: Sandstrahlen-Ritual für einen Tisch, Sand und Sängerin oder Tria Principia – eine Konzertinstallation für 2 Kanarienvögel, 12 Nagelpendel und 2 Instrumentalisten.

Klangkunst trifft Hauptbahnhof

Das oben beschriebene Prinzip der Verschiebungen ist auch Grundlage von Kompositionen wie etwa Tonstillen für 2 – 7 Sandspieler und Tiefer für 5 – 10 Spieler mit Glasflaschen und perkussiven Klangobjekten. Auf der anderen Seite gibt es Objekte, die einen klanglichen Bezug haben, aber dennoch nicht hörbar klingen, wie Aufbruch Blockschweigen ein Lehm-Objekt mit 64 Blockflöten oder die Installation 3 × 102 moments of movement aus 306 Wanderstöcken. Sprache als Klangmaterial findet sich sowohl in Solo-Performances wie Ensemble-Kompositionen als auch in Stücken für Publikumsaktionen. Hierzu gehören z. B. Ludus Globuli, ein musikalisches Planspiel nach einer Vorgabe des mittelalterlichen Theologen Nikolaus von Kues für Laienchor, 3 Sänger, 1 Kugelspieler. Im Kontext der Ausstellung im donumenta ART LAB Gleis 1 „von wegen geringer Dinge …“ wird der Versuch unternommen, verschiedene Arbeiten zu einem Gesamtklangraum zu gestalten. Dieses Ansinnen erfährt durch den überlagerten zufälligen, aber auch getakteten Klang-Kosmos des Regensburger Hauptbahnhofs eine zusätzliche Dimension.