Ein Berg aus Rettungswesten türmt sich an der Ecke Maximilianstraße / Bahnhofstraße. Darüber der Schriftzug „Platz der Leitkultur“. Die Installation gehört zur Ausstellung „Salva Vida – HOTSPOT“ des Münchner Künstlers Christian Schnurer im donumenta ART LAB Gleis 1 zum Thema Seenotrettung.
„Salva Vida – HOTSPOT“ ist der Kommentar Christian Schnurers zur Flüchtlingspolitik an den Rändern Europas. 2016 lieferte der Künstler selbst Hilfsgüter nach Moria auf Lesbos und lernte das jüngst abgebrannte Moria auf Lesbos kennen: „Ich habe das Flüchtlingslager als einen Ort der Hoffnung erlebt. Danach ist dieser Ort Schritt für Schritt zur Hölle geworden,” berichtet Schnurer. Erst allmählich sei es ihm gelungen, für diese Erfahrungen eine adäquate künstlerische Form zu finden. – Das bestätigt Dr. Maria Baumann, Leiterin der Kunstsammlungen der Diözese: „Kunst braucht Abstand und Reflexion.“ Schnurer bringe alles mit, was gute Kunst ausmacht: Kraft, Kreativität und Können. Doch gehe er weit darüber hinaus. „Er zwingt zum Hinsehen.“
Menschliche Schicksale kontern Alpenidyll
Baumann beschreibt das Hauptwerk der Ausstellung. Hinter einer spiegelnden Wasserfläche projiziert Schnurer das Video einer Alpenlandschaft mit See. An den Ufern ein Yachthafen, Hotel-Bauten – Idylle pur. Das türkisfarbene Wasser des Wolfgangsees, der blaue Himmel, die grünblaue Silhouette der Berge stehen in einem komplementären Kontrast zum orangeroten Agglomerat aus Rettungswesten, das auf diesem See schwimmt. Das Video zeigt diese Westen aus unterschiedlichen Perspektiven. Mal kommt die Kamera näher, mal entfernt sie sich wieder, dann meint man ein Boot zu sehen mit viel zu vielen Menschen an Bord – Flüchtlinge, die in der Hoffnung auf Europa im Mittelmeer zu ertrinken drohen. Die orangeroten Rettungswesten stören „die einfache Wahrnehmung einer heilen Idylle-Welt“, sagt Baumann. Die Symbolkraft der Rettungswesten schaffe Zugang zu ihren Trägern. Jede einzelne Weste steht für einen Menschen auf der Flucht und für seine Hoffnung auf ein besseres Leben.
Zustände zuhause sichtbar machen
Ein weiteres Videos handeln von Christian Schnurers Erfahrungen auf Lesbos und von der Insel-Müllhalde mit Hunderttausenden von Rettungswesten. Jede Weste wurde ein einziges Mal gebraucht. Tausende hat Schnurer mitgebracht, um mit ihnen zu arbeiten und sie an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum zu „(de)platzieren“: „Ich möchte, dass die Zustände, die auf Lesbos herrschten zuhause sichtbar werden“, sagt Schnurer über seine Arbeit.
Michael Buschheuer, der 1. Vorsitzende der Hilfsorganisation Space Eye e.V. teilt in seinem Grußwort anlässlich der Ausstellungseröffnung den Ansatz Christian Schnurers: „Wir alle sehen in Moria Europa sterben.“ Schnurer jedoch bringe die Thematik Seenotrettung „in unsere Herzen, damit wir neu entscheiden können und dieses Europa neu bauen können,“ ermutigt Buschheuer.
Regina Hellwig-Schmid, 1. Vorsitzende und künstlerische Leiterin des donumenta e.V. dankte in ihrer Begrüßung vor allem den Sponsoren des donumenta ART LAB Gleis 1: „Unterstützung ist wichtig, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass auch das Unmögliche möglich ist,” sagte sie.
„Salva vida – HOTSPOT“ – Ausstellung im donumenta ART LAB Gleis 1 am Hauptbahnhof in Regensburg bis 15. November jeden Mittwoch bis Sonntag 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr.
BU: Christian Schnurer benennt den Bahnhofsvorplatz „Platz der Leitkultur“. Foto Patrizia Schmid-Fellerer